Ausbildungsversicherung kann zur Belastung werden
Wohl kaum etwas liegt fürsoglichen Eltern mehr am Herzen als eine solide berufliche Ausbildung für ihre Kinder. Eine gute Ausbildung aber kostet gutes Geld. Schon frühzeitig wird deshalb in vielen Familien Geld für das Studium auf die hohe Kante gelegt. Und auch die Versicherungsfirmen haben sich dem elterlichen Wunsch nach einer sorgenfreien Zukunft für die Kinder angenommen und bieten spezielle Ausbildungsversicherungen an. Diese Investition sollte nach Ansicht von Experten jedoch gut überlegt werden. Denn das Sparen für die glückliche Zukunft der Kinder könnte zu einer Belastung für die Eltern werden.
[AD 107] «Die Ausbildungsversicherung ist eine Form der Lebensversicherung mit einem festgesetzten Auszahlungstermin», sagt Stephan Gelhausen, Experte für Lebensversicherungen beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin. In der Regel schließe der Ernährer der Familie die Versicherung ab und setze das Kind als Begünstigten ein. Als Auszahlungstermin werde meist der 18. Geburtstag des Kindes festgelegt. Die Laufzeit könne vom ersten Lebensjahr des Sprösslings an beginnen. «Wir empfehlen, das Kindergeld oder Teile davon für die Beitragszahlungen einzusetzen», so Gelhausen.
Bei der HUK-Coburg, so rechnet deren Angebotsspezialist Hartmut Pechauf vor, könnte ein 30 Jahre alter Vater, der 18 Jahre lang monatlich das komplette Kindergeld von rund 154 Euro für eine Tochter oder einen Sohn einzahlt, eine garantierte Auszahlung von 39 307 Euro erwarten. Mit der jetzt kalkulierbaren Überschussbeteiligung käme die Summe auf 47 922 Euro, das sei eine Rendite von 3,89 Prozent.
Bei der Gothaer Versicherung (Köln) könnte laut Beispielrechnung des Konzerns ein 30-Jähriger, der 18 Jahre lang ein volles Kindergeld pro Monat einzahlt, sein Kind garantiert mit 37 610 Euro ausstatten, mit Überschussbeteiligung wären es fast 51 000 Euro.
So viel kostet nach Ansicht von Fachleuten der Hamburg-Mannheimer ein Medizin-Studium, inklusive der Ausgaben für Miete, Ernährung, Bücher oder Kleidung. Der Konzern aus Hamburg stellt für die hauseigene Ausbildungsversicherung eine Modellrechnung auf, bei der eine 1978 geborene Mutter pro Jahr 2065 (monatlich 172) Euro einzahlt. Nach 20 Jahren erhielte sie 50 000 Euro plus 19 731 Euro aus der möglichen Überschussbeteiligung. Die Rendite läge bei 4,8 Prozent.
So unterschiedlich der Ertrag bei den Angeboten auch ist, in einem Punkt sind sie alle gleich: Stirbt die versicherte Person während der Laufzeit, werden keine weiteren Beiträge mehr fällig. Dennoch erhält das Kind zum Vertragsende die volle Versicherungssumme. «Das ist ein großer Vorteil der Ausbildungsversicherung», sagt Axel Kleinlein, Projektleiter für Finanzdienstleistungen bei der Stiftung Warentest in Berlin.
[AD 107] Ein Nachteil aber liegt in der Natur der Ausbildungsversicherungen als Spielart der Lebensversicherung. Bei dieser Form der Geldanlage ist nur ein Teil der Auszahlung garantiert. Die Überschussbeteiligung hängt davon ab, wie gut die Versicherungskonzerne wirtschaften. Alle Angaben zur gesamten Auszahlung sind daher hypothetisch. «Momentan sind diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen», warnt Kleinlein. Gerade in der schwachen Konjunktur hätten es Lebensversicherer schwer.
Einen Schwachpunkt der Ausbildungsversicherungen sieht Kleinlein auch darin, dass sie unflexibel sind. «Man legt sich damit einen Sparplan auf, der für viele Jahre gilt», sagt er. Wer die ersparte Summe als Notgroschen nutzen wolle, müsse bei einer vorzeitigen Kündigung hohe Verluste in Kauf nehmen. Die Reduzierung der Beiträge während der Laufzeit ist ebenfalls teuer. Der Versicherungswillige muss also genau wissen, wie viel Geld er dafür langfristig entbehren kann. «Den Abschluss einer Lebensversicherung muss man sich immer reiflich überlegen», sagt auch Hartmut Pechauf von der HUK-Coburg.
Wer eine Ausbildungsversicherung abschließen will, sollte dies möglichst früh tun. Denn je älter die versicherte Person ist, desto weniger lohnt sich die Versicherung, weil das Risiko des Todesfalls bei älteren Versicherten teurer ist und die Rendite schmälert. «Der Opa, der für seinen Enkel vorsorgen will, sollte lieber einen anderen Sparplan wählen», rät Kleinlein. Eine Ausbildungsversicherung sei sinnvoll nur für den, der den Schutz im Todesfall wirklich braucht. Zum Aufbau des Startkapitals für die Ausbildung der Kinder taugten auch Bank- und Fondssparpläne oder Bundesschatzbriefe.
Haben sich Eltern für die Ausbildungsversicherung entschieden, so sollten sie auf die Zahlungsweise für die Beiträge achten. Denn bei der monatlichen Zahlung ziehen die Versicherungen Kleinlein zufolge von 100 Euro Beitrag knapp 5 Euro als zusätzliche Verwaltungskosten ab. Das gehe zu Lasten der Rendite. Auf jeden Fall lohne es sich, die Beiträge jährlich im Voraus zu zahlen. «Wer hier das Urlaubsgeld oder das Weihnachtsgeld einsetzt, kann sparen», so der Finanzexperte.