Plötzlicher Geldsegen
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Der eine kassiert eine Lebensversicherung, ein anderer erbt oder gewinnt im Lotto: Wenn von einem Moment auf den anderen ein großer Batzen Geld auf das Konto fließt, ist die Freude zunächst groß. Mit dem plötzlichen Geldsegen taucht oft aber auch ein Problem auf: Wie soll das Geld am besten angelegt werden?
Finanzberater und Versicherungsvertreter sind um eine Antwort auf diese Frage nur selten verlegen. Sie ziehen aber oft nur ein paar Standardprodukte aus der Tasche, warnen Verbraucherschützer. Daher sollte der erste Schritt auf dem Weg zur Entscheidung nicht gleich zur Bank oder Versicherung führen.
«Anleger müssen erst einmal in sich hinein hören und ihre eigene Risikoneigung überprüfen», empfiehlt Peter Grieble, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart. Das ist schwerer, als es klingt: «Mit zwei oder drei einfachen Fragen in einem Beratungsgespräch ist es nicht getan.»
Denn ohne eine ausführliche Betrachtung der eigenen Lebenssituation lässt sich die Risikoneigung nicht klären: Wer zum Beispiel einen unsicheren Job oder Kinder zu versorgen hat, «wird mit dem Geld selten zocken wollen». Ebenso sei es möglicherweise wenig sinnvoll, als älterer Anleger auf Altersvorsorgeprodukte zu setzen. «Denn es gibt ebenso 60-Jährige, die schon gut vorgesorgt haben und mit dem Geld jetzt ein größeres Risiko eingehen wollen - denn nur dann haben sie auch eine höhere Renditechance.»
Es sei daher wichtig, dass sich Anleger über Ziele und Zeitraum der Anlage klar werden, ergänzt der Anlageexperte Norbert Hofmann aus Baldham (Bayern), Autor des Ratgebers «Die richtige Geldanlage». Wer zum Beispiel weiß, dass er in drei Jahren ein neues Auto kaufen will, sollte eine andere Anlage wählen als jemand, der Reserven und viel Zeit hat: «Der kann auch ein höheres Risiko eingehen.»
Zudem ist es nicht von heute auf morgen möglich, sich über die eigenen Präferenzen klar zu werden, sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Auch wer sich für die Entscheidung ein paar Wochen Zeit nehmen will, müsse das Geld bis dahin aber nicht nutzlos herum liegen lassen: «Für solche Gelegenheiten gibt es gut verzinste Tagesgeldkonten.»
Dort bleibt das Kapital garantiert erhalten und ist jederzeit verfügbar. Wer für die Entscheidung etwas länger braucht, kann sich auch für ein Festgeldkonto entscheiden - zum Beispiel mit einer Laufzeit von drei oder sechs Monaten, erläutert Castelló. «Auf Festgeldkonten gibt es etwas höhere Zinsen. Dafür kommt man an das Geld erst nach Ablauf der Frist heran.»
Noch mehr finanzielle Vorteile bringt es Anlegern nach Einschätzung von Castelló, das Geld zum Tilgen von Schulden zu verwenden. Ob es sich um einen Dispokredit, einen Konsumenten- oder einen Autokredit handelt: «Die Kreditzinsen sind in der Regel immer höher als die Sparzinsen, die man mit einer Geldanlage erwirtschaften kann.» Wer zum Beispiel zehn Prozent Kreditzinsen zahlt, mit festgelegtem Geld gleichzeitig aber nur fünf Prozent Rendite erzielt, mache ein schlechtes Geschäft.
Schwieriger könne die Tilgung vielleicht bei einem Immobilienkredit werden. «Wenn der eine lange Restlaufzeit hat, könnte eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig werden.» Doch auch dafür hat Castelló eine Lösung: «In diesem Fall sollte man einen Teil des Geldes so anlegen, dass er zur Verfügung steht, wenn der Immobilienkredit getilgt werden kann.»
Und was passiert mit dem Geld, das übrig bleibt? «Auf jeden Fall sollte man das Risiko bei der Anlage streuen», empfiehlt Norbert Hofmann. Das bedeutet, nicht alles in eine Aktie oder einen Fonds zu stecken, nicht die gesamte Summe zum selben Zeitpunkt zu investieren und nicht alles mit der gleichen Laufzeit anzulegen. Wer höhere Risiken wählt, sollte zum Beispiel einen längeren Zeithorizont einplanen. «Wenn es dann zu Verlusten kommt, besteht die Möglichkeit, dass sie sich mit der Zeit wieder ausgleichen.»
Die Erfahrung lehrt indes, dass die Praxis oft anders aussieht, warnt Edda Castelló. Private Anleger hätten oft keinen langen Atem und kämen immer wieder in Situationen, in denen sie nicht warten können, bis sich der Aktienmarkt wieder erholt hat. «Darum empfehle ich, wenigstens die Hälfte des Geldes mit einer Laufzeit von nur vier bis sechs Jahren anzulegen - und dann zum Beispiel in Sparbriefe oder Bundesschatzbriefe.»
Aus demselben Grund rät Castelló auch von den bei solchen Gelegenheiten oft empfohlenen Produkten zur Altersvorsorge ab: «Kapitallebensversicherungen und private Rentenversicherungen vereinen in sich die beiden gröbsten Fehler, die ein Privatanleger machen kann: Die Laufzeiten sind zu lang und die Kosten zu hoch.»