Eine Mahnung kommt selten allein
Ein neuer Kühlschrank, Kleidung für die Kinder oder das Telefonieren: Es muss nicht einmal Luxus sein, der die Rechnungen ins Haus flattern lässt. Schnell ist der Überblick dahin, und die Mahnungen stapeln sich im Briefkasten. Experten raten säumigen Zahlern, auf Mahnungen schnell zu reagieren und Schuldensumme sowie Mahngebühr genau zu prüfen.
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Denn rein rechtlich sind Unternehmen nicht verpflichtet, säumige Zahler ein ums andere Mal zu mahnen. «Die könnten auch sofort einen Rechtsanwalt einschalten oder vor Gericht ziehen», sagt Géza Huber von der Verbraucherzentrale Hamburg. Die auf der Rechnung angegebene Fälligkeit definiere den Handlungsspielraum des Schuldners eindeutig. Allerdings muss zwischen Rechnungsstellung und Zahlungsziel eine angemessene Zeit zur Prüfung liegen. «Das ist in der Regel eine Zeitspanne zwischen vier und sieben Tagen», so der Rechtsanwalt.
Eine andere Regelung gilt zwischen Geschäftspartnern. «Hier gerät in Verzug, wer eine Rechnung nicht binnen 30 Tagen nach Fälligkeit bezahlt», erklärt Huber. Unter einer Voraussetzung können Unternehmen die 30-Tage-Regelung aber auch gegenüber Privatpersonen anwenden: «Dies ist möglich, wenn der Verbraucher in der Rechnung ausdrücklich darauf hingewiesen wird.» Wer auf seiner Rechnung übrigens kein Zahlungsziel findet, gerät erst durch die erste Mahnung in Verzug.
Mehr als fünf Euro Gebühr darf ein Unternehmen je Mahnung nicht verlangen. «Das machen die Gerichte nicht mit», sagt Huber. Die rechtlich zulässigen Verzugszinsen dürfen bis zu fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank liegen. «So kommt man auf einen Zinssatz um die sieben Prozent.» Bei Geschäftspartnern darf der Verzugszins sogar bis zu acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegen.
Die meisten Unternehmen schicken laut der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (Schufa) in Wiesbaden zwei bis drei Mahnungen an ihre Kunden, bevor sie zu anderen Mitteln greifen - also das Geld im gerichtlichen Mahnverfahren einfordern oder die ausstehende Rechnung der Schufa melden. Ein Schufa-Eintrag sei aber nur möglich, wenn der Rechnung nicht widersprochen worden ist. Gelöscht werden negative Schufa-Einträge drei Jahre nach Erledigung der Angelegenheit.
Verbraucherschützer Huber sorgen weniger die Schufa-Einträge als der «Missbrauch des Mahnwesens» durch unseriöse Geldeintreiber. «Die Leute haben meist Probleme mit überhöhten Inkassogebühren.» Schuldner müssten immer gegenrechnen, was ein Rechtsanwalt für die Mahnarbeit verlangen dürfte. Dessen Sätze sind im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) festgelegt. In der Regel sei für eine Mahnung nicht mehr als der 1,3-fache Satz gerechtfertigt. «Bis zu einem Gegenstandswert von 300 Euro sind das rund 44 Euro Gebühr.» Inkassobüros würden aber häufig 90 bis 150 Euro oder schlicht «Fantasiesummen» verlangen. «Da hilft nur rigoroses Kürzen.»
Ein großes Missverständnis herrscht beim so genannten gerichtlichen Mahnverfahren vor. Laut Huber werden die Mahngebühren nicht durch die Gerichte geprüft. Weil die Schuldner aber Post vom Gericht bekommen, würden auch Fantasiesummen anstandslos akzeptiert. «Ohne Widerspruch läuft das so durch.» Deshalb sei es wichtig, dass Verbraucher bei überhöhten Gebühren sofort einen so genannten Teilwiderspruch bei Gericht einreichen.
Inkasso-Büros brauchen nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Inkassounternehmen (BDIU) eine Zulassung vom Präsidenten des zuständigen Land- oder Amtsgerichts. Aufschluss über die Zulassung gibt in der Regel der Briefkopf. Bei Zweifeln an der Seriosität sollten sich Verbraucher beim jeweiligen Gericht erkundigen. Haben Firmen eine Mahnangelegenheit einmal in die Hände eines Inkassobüros gegeben, erwartet den Schuldner laut Verbraucherschützer Huber ein regelrechter Postberg: «Beim so genannten Intensivmahnverfahren sind sieben bis acht Mahnungen keine Seltenheit.»