Altersvorsorge für Frauen
Es heißt zwar «die» Altersvorsorge - aber im Grundsatz ist das private Sparen für den Ruhestand offenbar immer noch Männersache. Gerade jüngere Frauen kümmern sich zwar mittlerweile selbstständig und engagiert um ihre Finanzangelegenheiten - aber in der Statistik trifft Altersarmut Frauen überproportional.
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Frauen leben länger und verdienen im Durchschnitt weniger als Männer. Und ihnen fehlen oftmals die Jahre der Schwangerschaft und des Erziehungsurlaubs bei den Beitragsjahren - sie haben also weniger in die Rentenkasse eingezahlt und weniger Entgeltpunkte angehäuft.
Deshalb müssen Frauen sogar noch mehr vorsorgen als Männer. «Es gibt zwar eine neue Frauengeneration, die sich selbst um ihre Finanzen kümmert», sagt Svea Kuschel, die eine Finanzdienstleistungsgesellschaft speziell für Frauen mit Sitz in München, Hamburg und Frankfurt betreibt. Spätestens, wenn sich Nachwuchs ankündigt, tappten aber auch diese Frauen in dieselbe Falle, die sich mit den Begriffen «Familie, Teilzeit, Steuerklasse V» beschreiben lasse.
«Wenn Du Familie hast, kannst Du Dir die Altersvorsorge nicht mehr leisten», behauptet das Umfeld der Frauen laut Kuschel dann oft. Selbst Banken rieten oft zu flexiblen Finanzkonzepten - «damit man während des Erziehungsurlaubs den Sparplan stilllegen könne». Kuschel widerspricht diesem Vorsorgekonzept und empfiehlt stattdessen: «Die monatlichen Beträge verdoppeln.»
«Frauen müssen endlich genauso wie Männer selber für das Alter vorsorgen», rät auch Stefanie Kühn. Die zertifizierte Finanzplanerin aus Grafing bei München betont, es sei kein Manko, dass die Frau in der Kinderpause nicht in die gesetzliche Rentenkasse einzahlt. Erziehungszeiten werden in geringem Maße angerechnet. Ein Problem sei aber, wenn in dieser Zeit gar nichts zusätzlich getan werde. Frauen müssten mehr Eigenverantwortung entwickeln.
Der Dispo dürfe nicht im Minus sein - ihn zu tilgen, sei der erste Schritt. Anschließend werde mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung und einem Notgroschen die Existenz abgesichert. Aber im dritten Schritt müsse die Altersvorsorge anstehen. Denn sonst falle das angesparte Kapital meist den ersten finanziellen Engpässen zum Opfer, hat Kuschel beobachtet. Das sollte eine klare Regel sein, denn Konsequenz sei das Wichtigste in punkto Vorsorge.
Oft bedarf es für das rechte Durchhaltevermögen laut Kühn aber erst eines Schocks. Ein typischer Fall aus ihrer Praxis sei der einer dreifachen Mutter Ende 40, die ein Chemiestudium abgeschlossen, aber nie gearbeitet hatte. Der Mann verdiente mehr als gut, 15 000 Euro netto im Monat. Die Frau kümmerte sich um die Kinder. Nach der Scheidung hätte die Frau bei dem, was der Ex-Ehemann zahlen wollte, im Rentenalter nur noch 750 Euro im Monat gehabt. Es wurde also höchste Zeit, sich Gedanken zu machen.
Wenn die Zahlen auf den Tisch kommen, sind viele erschrocken: Eine heute 33-Jährige, die im Rentenalter 2000 Euro brutto haben möchte, müsse bis zum 65. Lebensjahr monatlich 1134 Euro sparen, um dieses Ziel zu erreichen - ausgehend von einer Inflation von zwei Prozent, rechnet Heide Härtel-Hermann vom Frauenfinanzdienst in Köln vor. Die meisten Frauen fielen angesichts dieser Summen vom Stuhl, sagt die Expertin. Der Hauptgrund sei ein mangelndes Gefühl für Zahlen: «Die haben nicht etwa eine falsche Vorstellung, sondern überhaupt keine.»
Unabhängig davon, ob Frauen dann zur geschlechter-spezifischen Beratung oder zur Hausbank gehen, müsse die Leitfrage «Was will ich?» lauten. «Das ist ein Verkaufsmarkt, kein Beratermarkt», warnt Kühn. Im Umgang mit Bankern und Beratern sei Bestimmtheit gefragt, um nicht «übers Ohr gehauen zu werden». Grundlage für jede Beratung sei fundiertes Wissen: «Wenn Sie einen Kindergartenplatz aussuchen, informieren Sie sich doch auch vorher und gucken sich etliche an.» Sie rät, Kurse zu besuchen oder zumindest einschlägige Magazine zu abonnieren.
Wo nichts ist, könne zwar auch nichts gespart werden. Aber auch kleine Beträge können sich zu einer ordentlichen Summe addieren: Die Zeit helfe dabei. Eine 30-jährige Frau, die von heute an monatlich nur 50 Euro spart, könne bei 5 Prozent Zinsen in ihrem 67. Lebensjahr auf 62 628 Euro zurückgreifen, sagt Kuschel. Sie rät außerdem, Sparpotenziale aufzuspüren. Der tägliche Coffee-to-go sei ein «Cash-Fresser», ebenso wie der monatliche Beitrag für den Turnverein, der nicht mehr besucht wird. Wer zusätzlich das Konto auf Onlinebanking umstellt, spart Kontoführungsgebühren und kann das Geld in die Vorsorge investieren.
Literatur: Stefanie Kühn, Ein Mann ist kein Vermögen, Gondrom Verlag, ISBN: 978-3-811-23125-2, 14,90; Svea Kuschel und Constanze Hintze, Geld steht jeder Frau, Allenburg-Verlag, ISBN: 978-3-939-09310-7, 14,95 Euro; Heike Dahmen-Lösche und Bernhard F. Klinger, Finanzvorsorge für Frauen, Beck Rechtsberater im dtv, ISBN: 978-3-423-50649-6, 10 Euro.