Pflegeversicherung rechtzeitig abschließen
Auch wenn Gebrechen und Alter für 30- bis 40-Jährige weit weg erscheinen, kann sich gerade für sie der Abschluss einer privaten Pflegeversicherung lohnen. Denn in jungen Jahren sind diese Versicherungen spürbar günstiger als bei einem Abschluss im höheren Alter. Um den richtigen Vertrag aus der Vielzahl der Angebote auszuwählen, ist es erforderlich, sich frühzeitig über die eigenen Erwartungen an die Pflege im Alter Gedanken zu machen.
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Die Mühe lohnt sich. Einer Emnid-Studie zufolge sehen ältere Menschen die staatliche Absicherung im Pflegefall äußerst kritisch. Gleichzeitig prognostizieren Experten bis zum Jahr 2050 eine starke Zunahme von Pflegebedürftigen in Deutschland. Rund 4,7 Millionen Menschen werden auf die Hilfe anderer angewiesen sein. Das entspricht einem Anstieg von 145 Prozent im Vergleich zum Jahr 1999. Der Staat kommt längst nicht für alle Kosten im Alter auf. Dennoch sorgen viele Menschen nicht vor: Ihnen ist der Gedanke an die eigene Hilfsbedürftigkeit unangenehm, oder aktuelle Bedürfnisse scheinen ihnen wichtiger.
«Das Hauptmerkmal bei der gesetzlichen Pflegeversicherung ist, dass die Pflegekosten nur bis zu einem bestimmten Betrag übernommen werden», erklärt Kai Kirchner von der Verbraucherzentrale Thüringen in Erfurt. «Dieser ist von vornherein so angelegt, dass er in vielen Fällen nicht die vollen Aufwendungen abdeckt.» Um die zusätzlichen Kosten im Alter nicht selbst tragen zu müssen, könne eine private Zusatzversicherung sinnvoll sein.
Bei einem Abschluss sind zwei Formen möglich: Zum einen die Pflegekostenversicherung, zum anderen die Tagegeldversicherung. Erstere erstattet die Aufwendungen für Pflegeleistungen, erklärt Kirchner. Wichtig dabei ist: Die Leistungen müssen jeweils durch Rechnungen nachgewiesen werden. Bei einer Pflege durch Angehörige gibt es keine oder nur geringe Zahlungen.
Dagegen prüfen die Tagegeldversicherungen lediglich, ob überhaupt Pflegebedürftigkeit vorliegt und stützen sich dabei häufig auf die Feststellungen der gesetzlichen Pflegekasse. «In der Regel ist diese Variante daher die günstigere, weil der Betroffene nicht im einzelnen die entstandenen Pflegekosten nachweisen muss, sondern ein festes Tagegeld erhält», erklärt Kirchner. «Wie er diesen Betrag verwendet, kann der Versicherte allein entscheiden.»
Die entscheidende Frage bei der Vorauswahl lautet: «Was brauche und erwarte ich im Alter?» Zudem muss geklärt werden, ob es Angehörige gibt, die für ihre Pflegeleistungen entlohnt werden sollen? Welche Voraussetzungen sollte ein Pflegeheim erfüllen? «Die meisten ziehen es vor, solange wie möglich in der gewohnten Umgebung zu bleiben», sagt Julia Nill von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart. «Daher ist es wichtig, dass die Versicherung notwendige Umbauten finanziert. Das kann eine Badewanne mit niedrigem Einstieg sein oder eine Türverbreiterung für den Rollstuhl.»
Jede Privatversicherung bietet andere Leistungen an. «Diese sollten mit den eigenen Bedürfnissen verglichen werden. Meistens bleiben dann nur zwei oder drei Versicherungen übrig», rät Nill. In diesem Fall sollte das beste Preis-Leistungs-Verhältnis entscheiden.
«Es gibt im Detail viele Unterschiede», ergänzt Kirchner. Besonders empfehlenswert sei der Abschluss eines Vertrages, der Leistungen ab Pflegestufe eins vorsieht, da damit auch die anderen beiden Stufen zwei und drei automatisch abgedeckt sind. Zusatzversicherungen, die nur bei Pflegestufe drei Leistungen vorsehen, seien dagegen nicht sinnvoll, da nur ein kleiner Teil der Pflegebedürftigen überhaupt in diesem Ausmaß pflegebedürftig wird. «Günstig ist auch, wenn die Versicherung Leistungen zum Ausgleich von allgemeinen Kostensteigerungen ohne weitere Gesundheitsprüfung erhöht», rät der Experte.
Beachtet werden sollte, dass der Versicherer Zuschläge für Krankheiten verlangen oder Antragsteller wegen Vorerkrankungen ablehnen kann, wie die Stiftung Warentest in Berlin in ihrem Heft «Finanztest» erklärt. So müssten zum Beispiel Männer mit Anfang 40 für eine günstige Vorsorgeversicherung rund 20 Euro im Monat anlegen. Für gleichaltrige Frauen betrage der Monatsbeitrag rund 30 Euro. Wird der Vertrag mit Anfang 50 abgeschlossen, liegt der Beitrag bereits bei 40 beziehungsweise 50 Euro, so die Stiftung Warentest. Getestet wurden Tarife für Versicherungen, mit denen sich die heute anfallenden Kosten für eine Heimunterbringung begleichen lassen.
Laut «Finanztest» erhalten Interessenten mit 63 Jahren bei manchen Gesellschaften gar keinen Vertrag mehr, bei anderen müssen sie hohe Monatsbeiträge von 100 oder 150 Euro investieren. Eine rechtzeitige Vorsorge kann sich daher auszahlen. «Je später man eine private Pflegeversicherung abschließt, desto teurer wird es», sagt Nill.
Eine private Pflegezusatzversicherung ist zwar sinnvoll, jedoch nicht zwingend notwendig. «Reicht das eigene Einkommen und Vermögen nicht aus, um zusätzliche Kosten zu decken, springt die Sozialhilfe ein», erklärt Kirchner. In bestimmten Fällen könnten jedoch Angehörige vom Sozialamt herangezogen werden. «Wenn man einen finanziellen Spielraum erhalten oder das angesparte Vermögen im Alter für mögliche Erben schützen möchte, ist eine Versicherung, die die Pflegekosten übernimmt, sinnvoll.»